Museum Folkwang Sammlung Online
  • Vincent van Gogh
    im Museum Folkwang

  • Karl Ernst Osthaus ist der erste deutsche Museumsdirektor, der Werke des niederländischen Malers Vincent van Gogh ankauft. Zwischen 1902 und 1905 erwirbt er drei Gemälde des Künstlers. In engem Austausch mit Henry van de Velde entwickelt Osthaus ein sicheres Gespür für zeitgenössische Malerei und sammelt ab 1902 neben van Gogh auch Künstler wie Gauguin, Daumier, Renoir und Cézanne. Die Übersendung von 18 van Gogh-Gemälden zur Ansicht nach Hagen 1902 durch den Kunsthändler Paul Cassirer geschieht aller Wahrscheinlichkeit nach auf Veranlassung van de Veldes. Der belgisch-flämische Künstler sieht bei einem Besuch der Witwe Theo van Goghs in Bussum den Nachlass von Vincent van Gogh und rät dem befreundeten Osthaus begeistert zum Kauf zunächst zweier Werke. Ab 1903 sammelt Osthaus auch Zeichnungen des Künstlers; die ersten Blätter erwirbt er von dem Kunsthändler Ambroise Vollard in Paris, darunter auch ›Paysanne arrachant de l'herbe‹ (1885).
    Unter den 1902 erworbenen Gemälden befindet sich das ungewöhnlich klare, in der Farbgebung kontrastreiche ›Portrait d‘Armand Roulin‹ (1888). Der Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe beschreibt die Neuerungen in der Malerei dieses Bildes, nachdem er es in Hagen gesehen hatte: »Das Bild ist dünn gemalt, absolut nicht wie die anderen. Die Farben sind: blauer Hut, grüner Hintergrund in den Farben des Wassers, alles vereint in gelb und blau. Die Ausführung ist vollendet, nirgends künstlich.« Van Gogh hatte sich in Arles mit dem Vater des jungen Mannes angefreundet; zahlreiche Porträts von ihm und seiner Familie zeugen davon.

    Ein weiteres Meisterwerk van Goghs ist das Gemälde ›Le parc de l’hôpital, à Saint Rémy‹ (1889), das den von einer Natursteinmauer umfriedeten Garten der Krankenanstalt zeigt, die van Gogh 1889 wegen akuter Gemütsveränderung aufsuchte. Wir wissen durch einen Brief an Émile Bernard von der starken Wirkung des zur Nerven-Heilanstalt gehörenden Parks auf den Künstler. In ›Le parc de l’hôpital, à Saint Rémy‹ gibt er eine von Wetter und Jahreszeit geprägte Landschaft stimmungsvoll wieder.

    Auf der anderen Seite der den Garten umgebenden Natursteinmauer öffnet sich der Blick auf eine weite Ebene vor hügeliger Landschaft. Van Gogh konnte sie täglich aus seinem Fenster beobachten. Die schwefelgelben Felder regten ihn zu so wunderbaren Gemälden wie ›La moisson‹ (1889) an. Er hat dieses Motiv mehrfach in Gemälden und Zeichnungen variiert.

    Im Herbst 1905 zeigt Karl Ernst Osthaus 11 Gemälde und 3 Zeichnungen van Goghs im Museum Folkwang, die er über Frau Cohen-Gosschalk-Bonger als Vertreterin der Familie van Gogh erhält. Es ist zu vermuten, dass der Sammler aus diesem Konvolut das Gemälde ›Le parc de l’hôpital, à Saint Rémy‹ sowie eine Auswahl der bis heute in Museumsbesitz befindlichen Zeichnungen erwarb, so etwa ›La pluie‹ (1890) oder ›Vue de la Crau‹ (1888).

    Das Gemälde ›Les bateaux amarrés‹ (1888) kaufte hingegen Ernst Gosebruch 1912 bei dem Kunsthändler Eugène Druet in Paris für das Essener Kunstmuseum, mutig und angespornt durch das Beispiel Karl Ernst Osthaus‘ in Hagen. Der rührige Vorgang des Entladens der am Kai befestigten Rhônebarken inmitten einer leicht bewegten Wasserfläche hatte eine besondere Faszination auf van Gogh ausgeübt.

    Zur Zeit ihres Ankaufs galten Werke van Goghs und anderer zeitgenössischer französischer Künstler wie Honoré Daumier, Paul Gauguin, Auguste Renoir oder Paul Cézanne noch nicht als die »Klassiker«, die in exemplarischer Weise die Problematik ihrer Epoche ausarbeiteten und dadurch die Kunst der Moderne maßgebend beeinflussen sollten. Umso beeindruckender ist es, wie schnell Karl Ernst Osthaus in diesen Künstlern das Potenzial erkannte, die schöpferischen Kräfte ihrer Epoche und deren Wandel am stärksten zu repräsentieren. Werke van Goghs erregten dabei durch ihre völlige Neuartigkeit der Malerei besonderes Aufsehen. Osthaus stellte ›La moisson‹ als erstes angekauftes Werk van Goghs bereits bei der Eröffnung des Museums 1902 aus. Mit der ›Lise‹ Renoirs (1867) und Werken van Goghs befinden sich im Museum Folkwang Zeugnisse sowohl des beginnenden Impressionismus als auch der Zeit dessen Überwindung.
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  • Exh_Title_S: Vincent van Gogh
    im Museum Folkwang
  • Exh_Id: 101.633
  • Exh_Comment_S (Verantw): Malerei, Skulptur, Medienkunst
  • Exh_SpareNField01_N (Verantw ID): 187
Werke
Portrait d'Armand Roulin
Le parc de l'hôpital, à Saint-Rémy
La moisson
Les bateaux amarrés
Paysanne arrachant de l'herbe
Vue de la Crau
Paysage avec cyprès
La pluie